Collabo­rative Planning, Fore­casting and Replenish­ment (CPFR)

Bei CPFR (Collaborative Planning, Forecasting and Replenishment) finden Planungs- und Prognoseprozesse in enger Zusammenarbeit zwischen Händler und Hersteller statt. Dadurch werden Planungsunsicherheiten stark verringert.

Hintergrund und Bedeutung

Collaborative Planning, Forecasting and Replenishment – kurz CPFR – kann als Sammelbegriff für alle partnerschaftlichen Konzepte, die auf dem Austausch von Prognose- und Planungsinformationen basieren, bezeichnet werden.

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Aufbauend auf CRP / VMI werden nicht nur Bestandsdaten, sondern auch Planungs- und Prognosedaten in den Prozess integriert. Das heißt, im Rahmen von CPFR werden Absatzprognosen zwischen den Geschäftspartner:innen ausgetauscht und laufend aktualisiert. Durch diese gemeinsame Ausrichtung der Planungs- und Prognoseprozesse wird die Gesamtmenge an Sicherheitsbeständen innerhalb der Logistikkette verringert, da durch die engere Zusammenarbeit Planungsunsicherheiten verringert werden. Die gemeinsame Planung umfasst in der Regel einen längeren Zeitraum von zwei bis drei Monaten. Das bedeutet, dass Planungsfehler rechtzeitig erkannt und korrigiert werden können.

Durch automatisierten Datenaustausch und entsprechende Integration in Warenwirtschaftssysteme soll eine hohe Produktverfügbarkeit innerhalb und zwischen betroffenen Organisationseinheiten gewährleistet werden.

Der große Vorteil von CPFR gegenüber VMI besteht darin, dass nicht nur mit vergangenheitsbezogenen Daten gearbeitet wird, sondern auch zukunftsorientierte Bedarfs- und Bestellprognosen sowie laufend gemeinsam abgestimmt und aktualisiert werden. Diese Prognosen bilden die Basis für die tatsächlichen Bestellungen.

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CPFR definiert sich daher als Partnerschaftskonzept zwischen zwei oder mehreren Partner:innen in der Logistikkette (zum Beispiel Händler und Produzent) mit dem Ziel, auf Basis einer gemeinsamen Planung synchronisierte Prognosen zu erstellen. Damit werden sowohl Produktions- als auch Bestellabwicklungsprozesse optimiert.

CPFR wurde 1997 in den USA durch VICS (nordamerikanische Voluntary Interindustry Commerce Standards Association) entwickelt und 1998 in einem Leitfaden (CPFR-Guidelines) veröffentlicht.

VICS teilte den CPFR-Prozess in vier Teilbereiche und definierte CPFR als ein neunstufiges Geschäftsmodell, in dem die Ebenen der Zusammenarbeit zwischen den Unternehmen in einem ganzheitlichen Workflow dargestellt wurden. Der Prozess wurde von ECR Europe leicht adaptiert und im Jahr 2001 empfohlen. Seitens ECR D-A-CH wurden im Jahr 2002 weitere Ergänzungen vorgenommen.

Dennoch blieb die Umsetzung des klassischen CPFR auf wenige Pilotprojekte beschränkt, ein branchenweiter Effekt ist noch nicht erkennbar. Klassisches CPFR ist in der laufenden Abstimmung zwischen den Geschäftspartner:innen zu aufwändig, sodass eine Umsetzung nur ab einem relativ hohen Mindestumsatz rechnerisch vertretbar ist.

Der CPFR-Prozess

Das nachstehende CPFR-Modell, das 2004 von VICS erarbeitet wurde, gibt einen Rahmen für gemeinsame Planung, Prognose und Bevorratung vor, der in unterschiedlichen Branchen, so auch in der Lebensmittelbranche, angewendet werden kann.

Es geht dabei immer um die Zusammenarbeit in der Supply Chain zwischen einem „Käufer“ (= Händler) und einem „Verkäufer“ (= Produzent), mit dem Ziel, den:die Konsument:in, der im Mittelpunkt des Modells steht, bestmöglich zu befriedigen.

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VICS unterteilt in folgende vier Bereiche (siehe Abbildung):

  • Strategie und Planung
  • Prognose-, Planungs- und Belieferungsmanagement
  • Umsetzung beziehungsweise Ausführung
  • Analyse

Im Unterschied zu anderen CPFR-Modellen ist in diesem Modell der Prozess-Schritt „Analyse“ enthalten, der den wichtigen Aspekt, aus Fehlern und Abweichungen zu lernen, aufgreift.

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Das VICS-Modell besteht im Wesentlichen aus acht Arbeitsschritten für die erfolgreiche Implementierung:

Prozess Aufgabe und Beschreibung
Strategie und Planung 1. Rahmenvereinbarung (Punktation einer Mustervereinbarung wurde in der österreichischen CPFR-Arbeitsgruppe verabschiedet und steht allen ECR-Mitgliedern kostenfrei zur Verfügung):
  • Festlegung von gemeinsamen Zielen
  • Umfang der Zusammenarbeit, Voraussetzungen, Aufgaben
  • Festlegung von Verantwortlichkeiten und Zuständigkeiten
  • Gemeinsames Festlegen der Erfolgskriterien und Kennzahlen für Erfolgsmessung

2. Gemeinsamer Geschäftsplan:

  • Festlegung der Verkaufsziele
  • Austausch von Werbemaßnahmen
Prognose-, Planungs- und Belieferungsmanagement 3. Sales Forecasting (Bedarfsprognose)
4. Order Forecasting (Bestellprognose)
Umsetzung beziehungsweise Ausführung 5. Auftragserstellung:
Bestellgenerierung erfolgt IMMER durch den Produzenten6. Auftragserfüllung
Analyse 7. Abweichungsanalyse
8. Leistungsbewertung

Quelle: VICS

CPFR-light

Die österreichische ECR-Arbeitsgruppe „CPFR“ beschäftigte sich ebenfalls mit der Praxistauglichkeit des von ECR Europe empfohlenen Modells und erkannte rasch, dass der definierte CPFR-Prozess für das österreichische Umfeld zu komplex ist. Sehr schnell kam die Arbeitsgruppe zum Entschluss, dass es sinnvoll ist, die Planungsprozesse für Kurant- beziehungsweise Standardmengen und Aktionsmengen zu trennen.

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Abwicklung der Kurantware (laufendes Geschäft)

Bei Kurantmengen ist das gemeinsame Planen, wo Hersteller und Händler die Mengen getrennt schätzen und danach abstimmen, zu arbeitsintensiv. Für die effiziente Kurantmengenabwicklung wurde die Verwendung des VMI-Modells beschlossen. Auf Basis der übermittelten Lagerbestandsdaten (INVRPT) werden die Bestellungen auf Herstellerseite generiert.

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Abwicklung der Aktionsware

Die Abstimmung aller planbaren Mehrbedarfe (zum Beispiel Promotionmengen) bildet jedoch eine der schwierigsten logistischen Herausforderungen. Schon im Rahmen des ersten österreichischen Pilotprojektes zwischen Billa und Berglandmilch wurde aber eine Lösung gefunden: Sondermengen werden seitens des Handels mit einer speziellen Nachricht – der „General Message“ (GENRAL) – übermittelt.

Bald wurde jedoch erkannt, dass die GENRAL-Nachricht viele Schwächen aufweist und nicht vollkommen automatisiert verarbeitet werden kann, da sie zum Beispiel freie Textfelder enthält beziehungsweise Unschärfen bei wichtigen Qualifiern, wie etwa dem Anlieferdatum. Darüber hinaus ist es keine akzeptierte GS1 Standard-Nachricht.

Das von VICS 2004 erarbeitete Modell enthält die Nachricht „DELFOR“ (Delivery Forecast = Lieferablauf / -plan) und erwies sich nach geringer Adaptierung für den Einsatz in Österreich als geeignet. Die DELFOR hat die GENRAL weitgehend abgelöst. Nichtsdestotrotz ist die GENRAL in der Praxis noch im Einsatz.

Der Prozess der Aktionsvereinbarung beginnt in der Regel mit der Vereinbarung zwischen dem:der Key Account Manager:in auf Industrieseite und dem Sortiments- beziehungsweise Category Manager:in auf Handelsseite. Dabei wird die Promotion (welcher Artikel und zu welchem Zeitpunkt) mit einer ungefähren Mengenschätzung auf Ebene des Gesamtmarktes festgelegt.

Zu diesem Zeitpunkt könnte nun die erste Initial-DELFOR (gemäß ECR-Anwendungsempfehlung aus 2008) versendet werden, damit der Mehrbedarf in den Warenwirtschaftssystemen beider Partner:innen erfasst ist.

Diese – seinerzeitige Idee – wurde auch in der ECR-Arbeitsgruppe „CPFR“ weiterhin für gut beziehungsweise als Idealszenario bewertet, findet aber in der Praxis bisher keine Umsetzung.

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Die Übermittlung der ersten DELFOR (= Bedarfsprognose) erfolgt vier beziehungsweise fünf Wochen vor Aktionsbeginn und ist bereits auf Ebene der Zentralläger aufgeteilt. Ungefähr eine Woche später – also drei beziehungsweise vier Wochen vor Aktionsbeginn – wird dann nach Input der Filialen und selbstständigen Kaufleute eine zweite DELFOR (= Bestellprognose) mit aktualisierten und genaueren Daten übermittelt. Die Daten der zweiten DELFOR verstehen sich dabei, im akkordierten Prozess zwischen dem Handel und den Industriepartnern, als Mindestmengen, die in jedem Fall zu liefern sind.

Der 2008 erarbeitete Prozess sieht grundsätzlich eine Rückmeldemöglichkeit sowohl auf DELFOR 1 als auch auf DELFOR 2 vor, wenn der:die Partner:in der Meinung ist, dass die übermittelten Mengen zu hoch beziehungsweise zu tief sind.

Diese optionale Rückmeldemöglichkeit wurde aber außer im Pilotprojekt zwischen Spar und Procter & Gamble nie in der Praxis umgesetzt. In der Praxis erweist es sich in Fällen offensichtlicher Fehlplanungen nach wie vor als am effizientesten, dies in herkömmlicher Weise telefonisch mit dem Partner:in zu abzustimmen.

Der Grundprozess, durch eine zweite DELFOR einen zusätzlichen Anhaltspunkt zu bekommen, hat sich in der Praxis bewährt und wird erfolgreich umgesetzt.

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Prozessverbesserung Händler Produzent
Service-Level / Warenverfügbarkeit Umsatzsteigerung durch erhöhte Warenverfügbarkeit Erhöhung Service-Level
Lager Reduktion Bestände Reduktion Sicherheitsbestand
Logistik Reduzierte Kosten in der Lieferkette (zum Beispiel Anzahl Anlieferungen / Einlagerungen, Anlieferung in Ganzpaletten) Transportkostenoptimierung (zum Beispiel gleichmäßige LKW-Auslastung, Anlieferung in Ganzpaletten)
Frische Verbesserung der Restlaufzeit am POS, weniger Abschriften Verbesserung der Restlaufzeit am POS
Informationsvorsprung Gleichmäßige Warenaufteilung bei etwaigen Produktionsengpässen auf alle Läger Verbesserte Produktionsplanung und besserer Ausgleich der Lieferungen bei Engpässen

Quelle: Schaffer

Anhand der Tabelle ist ersichtlich, dass einige Vorteile (zum Beispiel Erhöhung des Servicelevels oder auch höhere Restlaufzeit der Produkte am POS) beim Händler und Produzenten ident sind. Bei Lager beziehungsweise Logistik kann es dagegen zu Interessenskonflikten kommen, weshalb eine genaue Zielfestlegung vor dem Start eines CPFR-light Projektes als essentiell angesehen werden muss.

Zu­sammen­spiel mit EDI-Stan­dards

Im Rahmen eines ECR-optimierten VMI– beziehungsweise CPFR-light Prozesses wird auf folgende GS1 Nachrichtenstandards zurückgegriffen:

  • PRICAT: Mit diesem Standard überträgt ein Händler etwaige Sortiments- und Listungsänderungen an die Industrie. Industriepartner erhalten dadurch Informationen darüber, welche Artikel neu gelistet beziehungsweise ausgelistet werden, und auf welcher Dimension diese Änderung stattgefunden hat (in Bezug auf Handelslager oder auf einen kompletten Vertriebstyp). Zusätzlich wird ersichtlich, ob die Verkaufsfähigkeit der Artikel durch ein Lager beziehungsweise Outlet gegeben ist, und ob der Artikel nachbestückt werden darf.
  • DELFOR: Diese Nachricht dient zum Transfer aller planbaren Mehrverkäufe, die zusätzlich zum laufenden Bedarf (= Kurant- beziehungsweise Standardmenge) benötigt werden. Dazu zählen insbesondere Aktionen, Sonderverkäufe, Messeverkäufe oder auch Erstbestückungen. Die DELFOR kann sowohl zur Übermittlung der langfristigen Bedarfsprognose als auch der kurzfristigen Bestellprognose eingesetzt werden. Der Standard erlaubt auch variable Aggregationsniveaus der Prognosezahlen auf Basis unterschiedlicher Organisationseinheiten.
    Es sind grundsätzlich beliebige Nachrichtenzyklen sowie erweiterte Mengen- und Datumsinformationen möglich.
  • INVRPT: Analog der Anforderungen des VMI-Prozesses ist auch die tägliche beziehungsweise mehrmals tägliche Übermittlung der Lagerbestände der Zentralläger des Handels an den Hersteller nötig, um die Auftragsgenerierung des Herstellers für Kurantmengen zu ermöglichen.
  • Die übrigen EDI-Nachrichten (wie zum Beispiel DESADV oder INVOIC) entsprechen dem üblichen Bestell- beziehungsweise Lieferprozess zwischen Hersteller und Händler.